Ranselberg

Geschichte des Stadtteils Ranselberg

Der jüngste und zugleich fünfte Stadtteil der Stadt Lorch entstand von 1964 bis 1967 auf dem Südhang des Ranselberges, ostwärts des Stadtzentrums.

Wohnen im Grünen, in Ruhe, etwas abseits von der Kernstadt an der Mündung der Wisper in den Rhein, hat einen gewissen Scharm.

Einst als Siedlung mit 200 Mietwohnungen konzipiert für Beamte, Angestellte, Arbeiter und Soldaten der Bundeswehr, findet man jetzt einen Stadtteil vor, in dem die Bewohner Eigentümer der Einfamilien-    häuser und Wohnungen in den Mehrfamilienhäusern geworden sind.

Im historischen Stadtzentrum gibt es Geschäfte, Wirtschaften, Weingüter, Gesundheitseinrichtungen, Kirche, Schule und Kindergarten, sowie einen Bahnhaltepunkt. Es ist alles auf ebenen Wegen gut        fußläufig oder mit einem öffentlichen Verkehrsmittel zu erreichen.

Das gesellschaftliche und sportliche Leben der Bewohner des Ranselberges ist stark an Lorch und den Stadtteilen orientiert.

Luftaufnahme Ranselberg

Von der Bundeswehr-Siedlung zum Lorcher Stadtteil „Ranselberg“                            

Vorgeschichte

Die wirtschaftlichen Verhältnisse in Lorch hatten sich durch die Folgen des 2. Weltkrieges verschlechtert, so dass ca. 500 Personen als Pendler auswärts Geld verdienen mussten. Dies veranlasste im Jahr 1957 den Bürgermeister, Karl Hofmann, Gespräche mit zuständigen Stellen zu führen, um zu erreichen, dass Lorch auch bei der Stationierung von Streitkräften der Bundeswehr berücksichtigt wird. Bei den Gesprächen waren folgende Erwägungen ausschlaggebend:

- Baugelände für eine Kaserne auf dem Wiesengrund "Retzigwiese",
  zwischen dem ostwärtigen Ortsende und dem Greterstal

- Baugelände für Depotanlagen auf und im Ranselberg, sowie im
  Ranseler Wald

- Übungsgelände auf dem Weiselberg

- Baugelände für Wohnungen im Ortsbereich auf der Lohwiese

- wirtschaftliche Entwicklung und andere Vorteile für die Stadt.

Nach umfangreichen Bemühungen berichtete Bürgermeister Hofmann am 11.05.1959 bei einer            öffentlichen Stadtverordnetensitzung:

Die Besichtigung des vorgesehenen Geländes hat ergeben, dass sich dieses für die Land- und Forstwirtschaft nur bedingt eignet, jedoch für die militärische Nutzung ausreicht. Die Baumaßnahmen werden so erfolgen, dass keine

Gefahr für die Bevölkerung entsteht und der Fremdenverkehr nicht gestört wird. Er schloss seine Ausführungen mit dem Hinweis, dass die Stadt finanziell nicht belastet wird und dass sich eine Garnison nur vorteilhaft für Lorch auswirken könnte. Er wolle nicht goldene Berge versprechen, jedoch sei abzusehen,

dass viel Geld nach Lorch fließen werde.

Der Magistrat war einstimmig für die Stationierung und die Stadtverordneten schlossen sich mit 9 Stimmen an, 3 Stimmen waren dagegen. Aufgrund dieses Beschlusses konnten alle weiteren Maßnahmen in die Wege geleitet werden.

Die militärischen Planungen sahen folgende Maßnahmen vor (manche wurden jedoch teilweise nicht so verwirklicht):

- Kasernenanlage mit Selbstschutzbunker auf der Retzigwiese und im
  Berghang unter den Buchener Wiesen

- Übungsplatz mit Schießstand auf dem Weiselberg

- Munitionsbehelfslager im Ranseler Wald, spätere Unterbringung im Berg
  Hexit und Linesitt

- Heeresmischdepot für Gerät, Verpflegung und Bekleidung im
  Tiefenbachtal

- Teildepot für Kraftstoffe (POL) unter dem Mückenberg mit LKW-Ladestelle
  im Tiefenbachtal

- Sanitätsdepot unter dem Tiefenbacher Hang, gegenüber der Ruine
  Waldeck

- Wohnungsbau auf der Lohwiese

Entwicklung in den Jahren 1960 bis 2023

Im Jahr 1960 wurde die Bauleitung, eine Außenstelle der Hessischen Staatsbauverwaltung, in Lorch in  einer Baracke neben dem Gasthaus „Zur guten Quelle“ am Fuße des Ranselbergs eingerichtet.

Diese Dienststelle war für die Planung und Ausführung aller Baumaßnahmen der Bundeswehr sowie für die Unterhaltung aller fertiggestellten Bauwerke des Standortes Lorch zuständig.

Die Bundeswehrverwaltung war in der Garnison Lorch ab 1. Mai 1965 durch eine Standortverwaltung vertreten. Diese wurde zuerst in Ransel untergebracht, ab September 1969 in einem Mehrfamilienhaus auf dem Ranselberg und ab Dezember 1971, nach dem Ausbau einer ehemaligen Mühle und einem Neubau, in der Lorcher Wisperstraße. Dort verblieb sie bis zur Auflösung im Jahr 1996.

Die Standortverwaltung war u.a. auch zuständig für die Auswahl der Mieter (in Zusammenarbeit mit der Baufirma) der Einfamilienhäuser und der Wohnungen in den Mehrfamilienhäusern sowie der Garagen auf dem Ranselberg und später auch bei dem Verkauf an Bundesbedienstete.

Abweichend von der Planung auf der Lohwiese 70 Wohnungen für die Soldatenfamilien zu errichten, wurde auf 5,6 ha Landwirtschaftsfläche des Ranselberges durch die Firma Müller aus Gönnern mit    Bundesdarlehensmitteln von 1964 bis 1967 gebaut.

Zunächst wurde eine Zufahrtsstraße von der L 3397 zum Ranselberg und dort drei weitere Straßen und Treppenwege gebaut. Zusätzlich - auf Drängen aller Anwohner - ist ein Weg für Fußgänger (heutiger „Schwarzer Weg“) vom Ende der Hilchenstraße zur L 3397 errichtet worden, um dadurch einen 1000 m langen Umweg zu vermeiden.

Im ersten Bauabschnitt wurden 63 Wohnungen in Mehr- und Einfamilienhäusern errichtet, in denen im Dezember 1965 die ersten 50 Familien eingezogen sind. Dazu kamen: Kindergarten, Lebensmittelgeschäft (1964 – 1985), Garagen, Heizwerk, sowie Strom-, Wasser-, Telefon- und Breitband- Kabelfernseh- Anlagen.

In zwei weiteren Bauabschnitten kamen noch 130 Wohnungen dazu, die bis Ende 1967 bezugsfertig    waren. Insgesamt standen 16 Mehrfamilienhäuser mit 126 Zwei- bis Fünf-Zimmerwohnungen und 70      Einfamilienhäuser mit 80 – 100 qm Wohnfläche zur Verfügung. Gleichzeitig wurde in Verbindung mit      einem Garagenkomplex ein Bürgerraum geschaffen.

Nach 1993 stockten drei EFH-Besitzer ihr Haus auf. Aus dem Lebensmittelgeschäft wurde eine            Wohnung und ein Zweifamilienhaus wurde in der Hilchenstraße neu gebaut.

1968 wohnten ca. 600 Personen, d.h. Bundesbedienstete (Soldaten und zivile Mitarbeiter) mit ihren        Angehörigen in den Häusern/Wohnungen und erhöhten dadurch die Einwohnerzahl von Lorch auf 5200.

Durch die Auflösung des Bundeswehrstandortes Lorch von 1993 bis 2008 kam es zu einer starken         Reduzierung der Wohnbevölkerung. Am 31.12.2021 wohnten auf dem Ranselberg 447 Personen. 

Der Kindergarten wurde ab 1965 unter Evangelischer Trägerschaft der Kirchengemeinde Kaub mit 35 Plätzen als „Kindertagesstätte Am Zauberwald“ betrieben.

Die Verringerung der Anzahl der Kinder ab 2010 in Lorch und seinen fünf Stadtteilen hat dazu geführt, dass auch der Kindergarten zum 31.07.2018 auf dem Ranselberg geschlossen wurde.

An der Erhaltung und Nutzung des Gebäudes war die Stadt interessiert und hat dieses ab 01.08.2018  gemietet und 2021 gekauft. Unter der Leitung der AWO wurde ein KITA-Betrieb vorübergehend durchgeführt. Die Trägerschaft übernahm dann die Katholische Kirchengemeinde Heilig Kreuz Rheingau mit Sitz in Geisenheim. Ab 01.01.2023 wurde ein Miet- und Betriebsvertrag für maximal 35 Betreuungsplätze mit der Stadt Lorch geschlossen. Die KITA „Am Zauberwald“ wird als Außenstelle des Katholischen Kindergartens „St. Nikolaus“ in Lorch geführt.

Von 1965 bis Ende 1990 stellte die Bundeswehr einen Bus zur Personenbeförderung (gegen Entgelt) für Fahrten nach/von Lorch zur Verfügung,

um Kinder zum Kindergarten, zur Schule oder zum Bahnhof, sowie sonntags zur Kirche zu bringen.      Danach erfolgte eine Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr mit Linien- und Rufbussen, für die ein Wendeplatz in der Nähe des Kindergartens gebaut wurde.

Von 1966 bis 2020 erfolgte die politische Beteiligung als Wahlbezirk durch den Ortsbeirat Ranselberg. Bei den Kommunalwahlen am 14.03.2021 stellten sich keine Personen mehr zur Wahl zur Verfügung.  Die Interessen der Bewohner müssen nun vom Ortsbeirat Lorch (Kern) mit wahrgenommen werden.

1992 meldete die Baufirma Müller Insolvenz an und bot in Zusammenarbeit mit der Standortverwaltung die Einfamilienhäuser mit Grund und Boden, sowie dazu gehörige Garagen zum Kauf an. Die damaligen Mieter, wenn diese Bundeswehrangehörige waren, hatten ein Vorkaufsrecht. Die Verkäufe wurden bis Ende 1993 abgewickelt. Die Verwaltung/Vermietung der Mehrfamilienhäuser wurde der Treuverwaltung in Krefeld übertragen.

1994 wurden auch die einzelnen Wohnungen in den Mehrfamilienhäusern den Mietern zum Kauf durch die Treuverwaltung Krefeld angeboten, was auch genutzt wurde. Nicht verkaufte Wohnungen wurden vermietet.

In den MFH entwickelten sich Hausgemeinschaften mit einem Hausmeister“, der auf die für alle            geltenden Anordnungen achtete und das Grundstück pflegte.

Am 01.07.1998 kauften die Main-Kraftwerke (MKW), spätere SÜWAG, das Heizungshaus von der Firma Müller. Die Heizung wurde bis 31.12.2014 mit Koks und Öl, später mit Gas betrieben. Es wurde Wasser erhitzt, das in einem Fernwärmenetz in alle Häuser/Wohnungen transportiert wurde.

Ab 2015 stand das Gebäude ungenutzt leer. Es wird ab 2022 entkernt und zum Wohnhaus mit                Lagerräumen umgebaut.

Seit Bezug der Wohnungen (1965) war der Betrieb, die Nutzung, Abrechnung usw. der Heizung durch die Firma Müller unbefriedigend. Auch nach der Übernahme durch die MKW/SÜWAG hatte sich die Situation nicht viel gebessert. Im Laufe der Jahre kam hinzu, dass ein erhöhter Wärme- und Wasserverlust durch schadhafte und teils ungedämmte Erdleitungen während des Betriebes entstand. Die Kosten dafür   wurden auf die Wärmenutzer umgelegt.

Bei einer Versammlung der SÜWAG am 27.01.1999 mit den EFH-Besitzern und der Treuverwaltung erfolgte die Information, dass ab 2000 geplant ist, eine bessere, zufriedenstellende Wärmeversorgung und gerechte Kostenermittlung/-verteilung/-abrechnung durch ein teilweise neues Wärme-netz, mit Verlagerung der Verantwortung ab Wärmeübergabestationen (kein Hausanschluss) an die Nutzer zu erreichen.

Dieses Vorhaben der zukünftigen Wärmeversorgung fand keine Zustimmung durch die EFH-Besitzer, so dass es weiterhin bei der bisherigen Wärmeversorgung blieb.

Dies hatte zur Folge, dass ein Gremium gebildet werden sollte, das die Meinung der EFH-Besitzer koordiniert und gegenüber der SÜWAG vertritt, in Zusammenarbeit mit der Treuverwaltung Krefeld und anderen Mehrfamilien-Hausverwaltern.

Am 23.02.1999 wurde bei einer Versammlung der EFH-Besitzer ein Gremium (fünf Personen) gewählt und dieses wählte als Sprecher Peter Griebel, der seit 1966 am Ranselberg wohnt und sich bisher schon um die Angelegenheit kümmerte.

Das Gremium, in unterschiedlicher Zusammensetzung, bestand von 1998 bis zum 19.02.2016. Es setzte sich für die Belange die alle Wärmenutzer betrafen ein und war ständig bemüht eine kostengünstige Gasversorgung durch einen Hausanschluss zu erreichen, um dadurch selbstverantwortlich die Heizkosten zu regeln, was letztlich auch gelungen ist.

Ab 01.01.2012 wurden die EFH-Besitzer vom Wärmelieferungsvertrag entbunden. Die weitere Wärmelieferung konnte beantragt werden, soweit man keine eigene Versorgung einrichten konnte/wollte.

Im Mai 2014 machte die Tochterfirma SYNA ein Angebot, bis zu jedem Haus, zu einem einheitlichen  Festpreis, eine neue Gasleitung mit einem Gas-Hausanschluss zu bauen. Dieses Angebot wurde von fast  allen Hausbesitzern und der Treuverwaltung angenommen. Einige Hausbesitzer zogen eine alternative Wärmeversorgung in eigener Zuständigkeit vor. Der Bau der Gasleitungen mit Hausanschlüssen und auch die Installation der hausinternen Heizungsanlage durch Privatfirmen erfolgte bis Ende 2015.

Ein Antrag des Gremiums vom 30.06.2015, das alte Wärmenetz auf den Grundstücken und in den      Häusern zurück zu bauen, wurde in Aussicht gestellt, erfolgte aber bis heute nicht.

Verfasser: Peter Griebel, 65391 Lorch Hilchenstr. 7, Stand: 15.03.2023